Traumdestination Neuseeland – man up!

Donnerstag früh morgens. Draussen ist es noch Nacht. Der Wind bläst. Südwind, bin ich mir sicher. Das heisst bei uns direkt aus der Antarktis. Seine Kälte fühle ich durch den Dampfabzug . Wie jeden Morgen stehe ich in der Küche, bereite das Frühstück und die Mittagsbrote für die Kinder vor. Wie jeden Morgen höre ich die Sendung „Echo der Zeit“ auf SRF4. Heute Morgen mit einer Reportage über Neuseeland. JenesLand, welches seit drei Jahren mein temporäres zu Hause ist. 

 „Neuseeland- einer der grössten Klimasünder der Welt“ titelt die Reportage und folgt sogleich mit harten Fakten: 

  • 96% der Flüsse in der Tieflandebene seien zum Schwimmen „ungeeignet.“

  • 90% der Feuchtgebiete seien zerstört.

  • 70% der Süsswasserfische und Krustentiere seien vom Aussterben bedroht.

  • 43% der Seen seien verschmutzt.

Diese schockierenden Zahlen sind mir nicht neu. Sie stammen aus dem Umweltbericht von Mike Joy, Umweltwissenschafter an der Massey Universität, Wellington.  Ganze zwei Tage hat es die ökologische Zeitbombein unseren zwei grossen Tageszeitungen auf die Titelseite gebracht. Meist waren es gezielte Attacken auf den Verfasser. Ein vom Staat bezahlterNestbeschmutzer, war der Tenor, welcher in unverantwortlicher Weise die zweitgrösste Wirtschaftsbranche, den Tourismus, gefährde, etc. Dass Mike Joy die boomende Landwirtschaft, Neuseelands grösster Wirtschaftssektor, als Hauptverursacherverantwortlich macht, trug ihm auch nicht gerade mehr Freunde ein.  John Key, Premierminister von Neuseeland, meinte in einem Radiointerview lapidar: Mit diesen Umweltberichten sei es eben wie mit den Anwälten: es gäbe immer zwei Betrachtungsweisen.  Und weg war das Thema. Eine eigentliche Debatte über die Wachstumsgrenze der Landwirtschaft findet nicht statt. Die Nachfrage im globalisierten Markt ist riesig: 6.4 Millionen Milchkühe, 23% mehr als noch 2007, produzieren hier 26 Milliarden Liter „weisses Gold“, welches zu 95% exportiert wird.  Zusammen mit den 31 Millionen Schafen und 3.7 Millionen Rindern kommt eine Menge Gülle und Treibhausgase zusammen, Tendenz steigend.

Umweltschutz, wie wir ihn in der Schweiz kennen, ist bei der Durchschnittsbevölkerung kein Thema. Niemand regt sich zum Beispiel darüber auf, dass der Eilkurier die Post im Einkaufscenter verteilt, während das Auto draussen mit laufendem Motor wartet; oder den Motor 10 Minuten vorher anzustellen, um in ein warmes Auto zu steigen. Man zögert auch nicht, selbst für Kürzeststrecken das Auto zu nehmen.  Und ob man wegen der generell miserablen Isolation der Häuser mehr die Umwelt als das Haus heizt, ist höchstens wegen der hohenEnergiekosten ein Thema. 

Neuseeland erlebe ich als ein harsches Land, nicht nur klimatisch. Hier leben meist eher bescheidene, genügsame Menschen, die sich selber und ihrer Umwelt viel abverlangen. Da fliesst noch viel Siedler- und Maoriblut durch die Adern. So freute sich unser ältester Sohn Kasimir mit seinen Schulfreunden auf den „Winterjump“, welcher während der Mittagspause von der Schule organisiert wurde. Alle Buben von der 4. bis zur 8. Klasse (9-13jährig) waren dazu eingeladen, ins Meer zu springen. Bei uns ist Winter: Wasser- und Lufttemperatur ca. 12°C, leichter Wind. Nennen wir es gelungene Integration. Kasimir vom Sprung ins Wasser abzuhalten, hatte ich gar nicht erst versucht. „Man up“  sagt man hier - stell deinen Mann! Für mich, ich werde den Gedanken nicht los, passt dieses jährlich stattfindende Ritual zum Umweltbericht.

Aus dem Winter grüsst

Waldemar Krupski

Traumdestination Neuseeland