Das sagt Kurt Koch, 60 jährig, geboren und aufgewachsen in Zürich, Schreinermeister - weil der Vater erwartete, dass er dereinst den Familienbetrieb übernehmen wird. „Schauspieler, Zirkusartist oder Matrose wäre ich gerne geworden,“ erzählt er mir. Wunschgemäss wurde aus ihm ein Schreinermeister, wenn auch nicht einer aus Vaters Holz. Ein Rebell, ein Unbeugsamer, ein Verrückter, ja ein Spinner, wie er sich selber bezeichnet. Statt des Familienbetriebs übernahm er die Leitung der Schreinerwerkstatt in einem Zürcher Jugendheim. 12 Jahre lang hat Koch junge Männer dabei unterstützt, ihre schlechte Ausgangslage zu verbessern, ihnen eine Zukunftsperspektive zu geben.
Das tut Kurt Koch auch heute noch. In der Casamance, im Süden vom Senegal. Seit 2008 leitet er hier das Projekt Formation „KAYADj“ (das Holz). Auch hier bildet er junge Männer zu Schreinern aus. Auch hier haben junge Männer eine schlechte Ausgangslage. Und damit hat es sich bereits mit den Gemeinsamkeiten! Hier in Albadar legen sich die Jungs für eine Lehrstelle ins Zeug. Sie kommen freiwillig. Für wenig Glückliche gibt es einen Ausbildungsplatz. „Nullbock-Stimmung“ der Lernenden erlebt Lehrmeister Koch hier nicht. „Ich halte die Chance meines Lebens in meinen Händen“ sagt Ousmane. Er revanchiert sich, indem er mit dem grössten persönlichen Einsatz lernt, was der Lehrmeister ihm beibringt.
Einen Lohnausweis wie früher erhält Kurt Koch in Afrika nicht. Lehrmeister Koch ist sein eigener Arbeitgeber. Er finanziert sich über ein paar Gönner in der Schweiz und seine Pensionskasse, die er sich vor seiner Übersiedlung nach Senegal auszahlen liess. Ein Spinner eben! Und auch wenn der Präsident von Senegal, Macky Sall, das duale Bildungssystem der Schweiz in seinem Land einführen will, kann Formation „KAYADj“ doch nicht mit finanzieller Unterstützung rechnen. Zu verwoben, zu verstrickt, zu undurchsichtig und von gegenseitigen Abhängigkeiten geprägt sind die staatlichen Abläufe. Einiges ist versprochen worden. Ausser geweckten Begierden staatlicher Angestellter ist nichts eingetroffen.
„Heute arbeite ich im grössten Jugendheim der Welt.“ Mit diesem Satz hast du mir in mancher Nacht das Einschlafen erschwert lieber Kurt. Hast mich unwissentlich angetrieben, ruhelos gemacht. Heute kann ich wieder besser einschlafen. Weil ich inzwischen meine verstanden zu haben, was du mir in deiner Werkstatt sagen wolltest: 17 Millionen Menschen zählt heute die Bevölkerung im Senegal. 50% der Bevölkerung ist jünger als 15 Jahre. 19 Jahre beträgt das Durchschnittsalter. 5 Kinder hat jede Frau laut Statistik. Keine Mauer, keine sinkenden Boote, kein Stacheldraht wird sie abhalten sich eine bessere Zukunft anderswo zu suchen. Deinen Lernenden schenkst du eine Wahl, Kurt Koch. Du schenkst Ihnen eine Zukunftsperspektive, verbesserst ihre schlechte Ausgangslage. Wie damals im Zürcher Jugendheim. Nein, du bist kein Spinner. Du bist ein Pionier.
Mehr Informationen zum Schreineratelier gibt es unter dem folgenden Link: http://www.afrique-lien.org/
Wenn sie ganz genau schauen, finden sie auch ein Unterstützungskonto.
Ich grüsse Sie herzlich aus dem zur Zeit 21° kühlen, windigen Dakar